Digitaler Nachlass – Benutzerkonten bei Sozialen Netzwerke wie Facebook und Instagram sind vererblich

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Vertrag auf dessen Erben über. Das hat der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung vom 12.07.2018 AZ.: III ZR 183/17 entschieden. Die minderjährige Inhaberin des Facebook Accounts verunglückte am 03. Dezember 2012 unter bislang ungeklärten Umständen in Berlin, als Sie in einem U-Bahnhof von einem einfahrenden Zug erfasst wurde.

Die Eltern versuchten sich einige Tage nach dem tragischen Unglück Zugang zu dem Facebook Account ihrer Tochter zu verschaffen, was Facebook verweigerte. Der Account wurde von Facebook zwar in einen Gedenkzustand versetzt, jedoch waren noch sämtliche Posts für Dritte sichtbar.Das Berliner Landgericht hatte Facebook zunächst dazu verurteilt, den Erben Zugang zu gewähren. Diese Entscheidung wurde vom Kammergericht aufgehoben. Dieses sah in einem Zugang der Erben eine Verletzung der Rechte der betroffenen Kommunikationspartner der Tochter gemäß § 88 Abs. 3 Satz 3 TKG, der eine Weitergabe an Dritte verbiete.Dieser Rechtsauffassung des Kammergerichts hat der Bundesgerichtshof nunmehr in einer äußerst ausführlichen Entscheidung eine Abfuhr erteilt und hat sich für die „erbrechtliche Lösung“ des Rechtsstreits entschieden. Danach gehe das Benutzerkonto (als schuldrechtlicher Vertrag) einschließlich der dort gespeicherten Inhalte auf die Erben über. Gemäß § 1922 BGB geht das Vertragsverhältnis zwischen Facebook und dem Verstorbenen auf dessen Erben über. Entgegen der Rechtsauffassung des Kammergerichts handele es sich nicht um höchstpersönliche Rechte, die nicht übertragbar seien. Insbesondere müsse der Absender einer Nachricht an den Account-Inhaber auch damit rechnen, dass sein Kommunikationspartner versterben könnte und Dritte den Account erben, in das Vertragsverhältnis eintreten und damit als neue Kontoberechtigte Zugang auf die Kontoinhalte haben. Der Bundesgerichtshof führt hier weiter aus:

„Überdies kann der Kommunikationspartner des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks keine berechtigte Erwartung haben, dass der Empfänger einer Nachricht diese auf dem Server des Netzwerkbetreibers belässt und nicht auf dem eigenen Computer oder einem anderen Medium (z.B. USB-Stick) lokal abspeichert oder auf Papier ausdruckt“.

Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass der Bundesgerichtshof in den Entscheidungsgründen auch mit Blick auf datenschutzrechtliche Belange des Verstorbenen sowie der Kommunikationspartner Stellung nimmt – obwohl sich der Sachverhalt auf eine Zeit vor dem 21.05.2018 bezieht – und dennoch den die Tatbestände der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in einer Ausführlichkeit prüft, die auch für die Zukunft Rechtssicherheit für die Erben von Benutzerkonten schaffen soll. Der Bundesgerichtshof stellt in konsequenter Anwendung der DSGVO fest, dass die Rechte des Verstorbenen schon mangels Anwendbarkeit der DSGVO nicht betroffenen seien. Hinsichtlich der betroffenen Kommunikationspartner sei eine Datenverarbeitung gemäß Art. 6 I b (Vertrag) sowie Art. 6 I f (berechtigtes Interesse) zulässig.

Fazit: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zu begrüßen, da sie Rechtssicherheit für die Erben von Social Media Account-Inhabern schafft. Die Ausführlichkeit der Begründung sowie die Beleuchtung der Rechtsfragen auch unter Berücksichtigung der wenige Wochen vor der Verkündung des Urteils verbindlich gewordenen DSGVO zeigt, dass der Bundesgerichtshofs sich eindeutig für die Vererbbarkeit von Social Media Accounts entschieden hat. Der Zugang zu dem Account des Verstorbenen kann für die Angehörigen nicht nur bei der Klärung von Umständen tragischer Todesfälle hilfreich sein, sondern erleichtert oftmals auch die praktische Abwicklung von Nachlässen und ermöglicht es nicht zuletzt auch sich im Rahmen der Trauerzeit sich mit dem Andenken des Verstorbenen zu beschäftigen.