Vorsicht bei vermeintlich umfassenden Regelungen im Testament
In einer Entscheidung vom 17. Juni 2017 (AZ: IV ZB 15/16) hat der Bundesgerichtshof entschieden: „Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.“
Was war geschehen:
Die Erblasserin hatte in einem Testament verfügt, dass nach ihrem Tod ihr Hausgrundstück (wesentliches Vermögen zu dem Zeitpunkt) zunächst ihrem Lebensgefährten zur Verfügung stehen und nach dessen Tod einer Großnichte zufallen sollte. Die Erblasserin war dabei davon ausgegangen, dass sie über die Gesamtheit ihres Vermögens verfügt hatte. Nach der Errichtung des Testaments viel der Erblasserin selbst ein beträchtliches Vermögen durch Erbschaft zu. Nach deren Tod beanspruchten sowohl der Lebenspartner, die Großnichte als auch ein Bruder als gesetzlicher Erbe die Alleinerbschaft.
Die Gerichte haben sich mit den Fragen zu beschäftigen, ob der Lebensgefährt hier mit einem Wohnungsrecht bedacht oder zum Vorerben eingesetzt wurde. Streitig ist auch, ob die Einsetzung zum Alleinerben anhand von Einzelgegenständen zugleich auch nachträgliche Vermögenszuwächse – wie hier durch die eingetretene Erbschaft – mitumfasst.
Wer in diesem Fall Erbe geworden ist, muss hier durch Testamentsauslegung ermittelt werden, und ist weiterhin offen, da der Bundesgerichtshof den Fall an das Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung zurückverwiesen hat, da nicht sämtliche Tatsachen zur Feststellung des Erblasserwillens erhoben worden sind. Es sei beispielsweise der Lebensgefährte der Erblasserin zu hören, ob dessen Äußerungen Rückschlüsse auf ihren Willen bei Testamentserrichtung erlauben. Außerdem sollte geklärt werden, wer nach dem Willen der Erblasserin den Nachlass regeln und die Bestattung organisieren sollte.
Fazit:
Die Erbeinsetzung anhand von Gegenständen ist dem deutschen Erbrecht fremd. Vielmehr sollten die Erben bei der Testamentsgestaltung sicher bestimmt werden und anschließend Vorgaben für die Verteilung der Gegenstände z.B. durch eine Teilungsanordnung gemacht werden. Vereinbaren Sie gerne einen Termin für eine individuelle anwaltliche Beratung.